PASSION

Text: Peter Kraml

Eine andere Form der Karikatur (Verweise auf eine Gesichtsgeologie).


Ein Kunstkommentar sei jeder Text – jede Spur einer Geste der und in der Sprache -, der an ein "Kunstwerk" anknüpft oder mit ihm verkettet ist, was auch dessen jeweilige Materie sein mag: Sprache, Farbe, geschlossenes Volumen, offenes Volumen, Musik, stummer, sich im Tanze wiegender Körper, beim Theater sprechender Körper usw. (Zit. J.-F. Lyotard, "Gestus" Herbstbuch 2 Verlag Droschl Graz, 1991)[1].



Achte Beispiele. 

Natürlich ist das ein Klarinettenspieler, - denkt sich der Betrachter im ersten Augenblick (einen Moment lang, - so wie er gedacht hat, dass in einer Höhle zu sitzen und den Schattenspielen die Wahrheit zu nehmen sei), wenn er auf die erste Zeichnung aufmerksam wurde, sie der "Eile wegen" schnell entdeckt und gleichermaßen vergessen hat; während er auf der Suche nach einem Bild war und ist, das ihm auffallen soll, das er für sich jetzt, irgendwann einmal, einnehmen wird, oder soll er es beiseite lassen.

Bildbetrachter glauben sich als Jäger, auf der Suche nach Bedeutungsinhalten und Gelegenheitsgefühlen, zumindest aber formulieren sie Bedeutungsschichten. Dann kommen die ursächlichen Gefühle, es werden Salven in die Luft abgelassen. Tränende Augenstücke, - gleitende Momente in den Kopf und aus ihm hinaus, - ein Balanceakt auf der Seidenschnur, - das wird in diesem Augenblick zur strafbaren Handlung, nach freigewordenen Gedanken. Der Künstler, der Betrachter als Jongleur der Bälle in die Luft wirft und dem sie gnadenlos zu Boden fallen. 

Es ist alles ein Missgeschick. 
Das könnte bedeuten, dass wir uns beim Betrachten der Arbeit in einem Missverhältnis zu was auch immer befinden, dass wir nicht die Geschichtenerzähler sind, die nacherzählen, sondern jene Betrachter, ja schließlich Beobachter sind, die darüber reden, was selbst redend erdacht werden kann. Die Bilder zu beschreiben bedeutet nicht die Allerweltsherrschaft zu überdenken, oder gerade dieses im Augensinn haben. 

Die Geschichten handeln also nicht als "Nacherzählungen" der vorliegenden Bilder. Sie be-handeln (das Handeln) was auch immer und nicht was diese Bilder betrifft von denen die Rede sein soll, sondern sie sind wie in der diskursiven Rede gegenläufige Attacken.

Daher handelt alles nicht von dem, wovon zu reden vorgegeben ist. 

Zur Wiederbelebung des Denkens über die Bilder, hat Gernot Böhme gemeint, dass die Bilder in der einfachsten Bezeichnung: Zeichen seien. (Theorie des Bildes S. 27, 1999 ).

Wohin aber zeigen die Zeichen, die in den Bildern aufgezeigt sind und gleichzeitig in der Interpretation, in der Begutachtung verkommen. 

In einer immer neuen Variante der Erzählung wird es möglich, dass die Bilder eine undifferenzierte Gestalt erhalten und in einer "Redehaut" verschwinden, - die das Bild sind.

Das kann nicht der Wunsch, der Gedanke (das Geburtshaus) von und über ein Bild an sich sein, wenngleich der Betrachter nie aus seinem Lügenverhalten herauskommen kann. 
Denn:

Natürlich ist das kein Klarinettenspieler, denkt sich der Betrachter weiter und ergeht sich in Gedankenanliegen: 

Das ist der Verschluss des Hemds, mit der von der die Figur, - mit einem stilisierten Gesichtchen ausgestattet (es hätte wohl nur einer charakteristischen Linie bedurft um diesem eine andere Stimmung zu geben) -, geschlossen, oder gerade geöffnet hat.

Das ist das immer wiederkehrende Öffnen und Schließen, das immer Wiederkehrende Schließen und "Wegschließen" des Bildes. Das Bild scheint den Mund zu öffnen, scheint ihn zu schließen, - aber das tut es dann doch nicht, sonst würde es sofort und auf frischer Tat[2] ertappt worden sein, im Augenblick der Beobachtung.

Und so zeigt in "Wirklichkeit" die Zeichnung ein Rückgrat dann, wenn dem Künstler unterstellt werden soll, dass er sich an "dieser" Kinderzeichnung orientiert hat (welche immer es auch ist und ein Rückgrat zeigt). Es sieht so aus, als sollte der Zeichnung ein "Lavoir" untergeschoben werden, sodass ein jeder künstlerischer Blutstropfen in es hineinfällt, also hineintropft, - es dürften nicht viele Tropfstücke sein, sonst würde das Behältnis überlaufen und durch dieses Überlaufen auch nichts aussagen, weil alles überschwappt. Jetzt und zu einem anderen Zeitpunkt. Die Gefäße, in die hinein die Farbe geschüttet wird, ist die Fläche und die Bildfläche ist kein Klecks.

Peter Assmann baut die Brücke zwischen der Sprache und dem Bild auf und die erzwungene Konstellation verdeutlicht das Eine welches das Gegebene bedingt. Das Eine bedingt es, die Kunst, das Kunststück. 

Es ist das "eine" Ende des Künstlers.

Bedingen sollte wohl auch heißen, Bedingungen aufstellen (: sind das bereits Regeln der Kunst?), oder etwas bedingen was ist, aber trotzdem als Bedeutung und nicht als Bedingung gesehen werden kann, weil die Bedingung Peter Assmann als Künstler aufstellt. Seine Vorstellungen bedingen zwar Bildvorstellungen, die jedoch vom Bildbetrachter immer wieder zerstört werden, - Zeichen, unverständlich wahrscheinlich. Aber was sind schon die Zeichen, wenn sie in sich, als in sich im Bild gefangen, verhäutet, unverständlich bleiben müssen, weil sie sich einer jeden "Feststellung" entziehen. Das ist die wiederholte Wahrheit. Schließlich ist es sein Bild, oder seine zumindest rechtliche Urheberschaft, so der Künstler, so Peter Assmann.

Die Bedingungen werden dem Betrachter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unsichtbar erscheinen. Der Zeitpunkt ist/bezeichnet eine Zeitfrage und keine Bildfrage. Die Zeit bestimmt aber das Bild, und der Beobachter, der Betrachter des Bildes bestimmt seine Zeit und wie er sich als "ein"[3] Betrachter versteht.

Denn das Sehen des Künstlers ist nie wirklich zu sehen, es sei denn, dass er sich den Bauch aufschneidet, sodass die Gedärme aus der Bauchhöhle herausbrechen. 

Und das ist der sprichwörtliche Reißverschluss im Körper. Das ist der Klarinettenspieler, der sich seinen Wanst aufreisst. Zu hinterfragen ist, ob es sich womöglich gar um ein "abject"[4] handelt; einer voreiligen Fertigstellung eines Objekts entzieht, das sich dann absondert und nur vorgibt eine Karikatur zu sein. Diese Andersartigkeit beispielsweise bei Kiki Smith’s Kunst (insbesondere an einigen ihrer Objekte, oder auch Cindy Sherman’s Fotografien zu entdecken ist; und warum finden sich die subtileren "abjects" bei Künstlerinnen - oder sollte bei Künstlerinnen nicht doch von "sublim" gesprochen werden - ?) eine besondere Ausprägung /Formintensität zu entdecken aufgibt (nicht aufgeben, sondern als Post aufnimmt und zum Betrachter verschickt).

Zu fragen ist, ob eine spezifische "Andersartigkeit" nicht überhaupt der Gegenstand, der Inhalt, das Inhaltsverzeichnis der Kunst und der Kunst im Bild ist, wenn dem Anderen, dem "abject" nachgegangen wird. Nachzuprüfen wäre vielleicht auch, ob das "abject" die konkretisierte Form des Protests, des Schocks, der Unhintergehbarkeit in der Kunst ist. Eine Attacke also.

Eine jede Banalität wird in der Kunst unter bestimmten Umständen der Dekonstruktion, der Fragmentierung zur Kunstäußerung zum Angriff; aber was ist schon als das Außen bei der Kunst zu differenzieren, was könnte als das Innere in der Kunst bezeichnet werden. Wird in dieser Zeichnung in ihrer über zwei Seiten gehende serielle Aufteilung des Bildgesamten in Einzelschnitten das Innere des Künstlers, oder seines Gegenstandes nach Außen oder nach Innen gewendet (wie das Reden darüber gewendet wird, - im Öffnen und Schließen.).

Im Kunstwerk wird nicht das Andere, die Lüge, die Attacke angedacht und nicht vorausgesetzt und sich dieses Kunstding nicht um das Innere des Menschen schert, weil das Andere vom "Abstehenden" (Wegstehenden) gedacht und (dazu-) erdacht wird. Versus: Denn dadurch (dennoch:dadurch) ist die Kunst das Andere, das nicht Buchstabensprachliche, das nicht Abgeschlossene und das ganz Ausgeschlossene.

Bestimmte Hinweise auf ein anderes Bild oder ein Bild das dekonstruiert ist, gehen vom Bild aus und können vom Bild an den Betrachter heran getragen sein. Der Riss im Bild. 

Versteht das der Betrachter, dann kommt das Andere aus der Flächengestaltung heraus und geht am Beobachter vorbei. Ergibt sich ein weiterer Verweis dahingehend, ob nicht in der Kunstbetrachtung eine Differenzierung getroffen werden sollte? Wobei das "Heraustreten aus der Fläche" als besonderer Akt der Darstellung zu verstehen ist, auch wenn die Bildidee in es hineingetragen wird.

An der "Sprache ziehen" würde bedeuten, dass Peter Assmann tatsächlich einen sprechenden Klarinettisten vor sich gesehen hat und diese Fiktion, als schnelle, als akkurate Zeichnung auf dem Papier projektierte (als ein Denkprojekt: "hinstellte").

Davon ausgehend: Der Künstler unterstützt mit der Sprache den Bildinhalt (und die Blindheit des Betrachters, bzw. des Bobachters) indem er eine erdenkbare Darstellung buchstabensprachlich thematisiert. Der Klarinettist könnte nicht nur an der Stimme ziehen, sondern spuckt die "Sprache" aus, was eine einfache, reduzierte und in diesem Fall tatsächlich etwas kabarettistisch anmutende Interpretation ist. Denn die Figur zieht an der Sprache und nicht an der Stimme. Und der Kopf der zu erkennen ist, der nicht wirklich das Spucken als ein kabarettistisches auf die Welt "hinschlatzen" zulässt, sondern an der Sprache zieht, zieht am Reden und nicht am Spielen und der Tonerzeugung. Der Kopf, andernorts in das Reich der Literatur verabschiedet, ist auf eine sehr einfache Form (eine Art und Weise; wie Weise sein) reduziert und verwehrt den Eindruck, dass es sich um eine auch angedeutete sprechende (Sprache) Stimmmaschine handelt.

Daher eine geeignete Mundöffnung zu sehen sein müsste, - denn das Sichtbarmachen des Mundöffnens oder des Mundschließens ist die Voraussetzung dafür, wenn die Zeichnung "funktionieren" soll; die Zeichnung muss ein Mundöffnen und Mundschließen sein. Die Zeichnung könnte in ihrer Wahrheit wirklich werden, wenn sie den Spuckakt nicht nur charakterisiert, sondern ihn in einer subtilen Weise darstellt. Wenn also aus der Fläche jemand, oder was auch immer, herausspuckt.

Und so ist es dann die Zeichnung selbst, die in den Blick fällt, wie etwas, das sich in den Weg legt und im Weiterdenken erst weggeräumt werden muss. Aber anders gedacht gibt sich ja der Betrachter selber ein Rätsel auf und baut eine "Sperre" vor dem Bild auf (wie sich das Bild sperrt: aussperren, absperren, wegsperren).

Zeichnungen haben es an sich, angebetet oder im Gegenteil zum Verschwinden (aao.) gebracht zu werden, auch wenn sie sich nicht von sich aus in das Blickfeld des Betrachters stürzen, sondern lediglich den Reiz des Stürzens auslösen. Das ist das Anliegen der Zeichnung in der Kunst, sich als abgebrochener Ast, womöglich sogar als ein Baum, über den Denkweg zu legen und das Rätsel aufzugeben. Der Klarinettist spielt etwas (was auch immer; ist es eine Reihe, ist es eine Kopfnote im Geruch), das ist nicht zu hören, sondern zu sehen, - es ist auch nicht zu riechen. 

Das Weglegen der Gedanken in die Kunst hinein, und also das "Hineingeheimnissen" als ein Herausbrechen aus der Fläche empfunden werden könnte; oder wird es wirklich empfunden?.

Daher: Nicht "was soll ich bedeuten", sondern "worüber bin ich".
Das ist eine Anlehnung/ein Hinlehnen (kein Verweis) auf den schwammigen Ausspruch "wer bin ich", dessen flügelnde Stimme in der Landschaft des Begehrens unsittlich geworden ist. Es ist die Sitte, die Zeichnung so auf der Fläche anzulegen, dass die Erinnerung an nicht mehr Mitteilbares gegenwärtig wird. Das Mittel als Mitteilung geteilt wird und was bedeutet das "Teilsame" außerhalb der Schreibrealität an der Literatur? (Nicht "in" der Literatur, oder in sie hinein.) Könnte es sich um die Zeichnung selbst handeln, welche die Schrift verdinglicht?

Über allem die Literatur geteilt ist und fälschlich im Bildsprachlichen, gemeinsam durch die Grammatik der Ironie, im Zynismus und in der Regellosigkeit des freien Falls gelesen wird. 

So, als ob das Mitteilsame ein Bild ergibt, bzw. ergeben müsste. Es ist das Gedächtnis daran, dass es einmal die ideale Form, die ideale Zeichnung gegeben hat/gegeben haben könnte. Diese Zeichnung will sich genauso als so etwas Ideales verstanden sehen, - aber warum auch diese. 

Zurück zu den "versammelten" Darstellungen, die für die eine Publikation zu einem Bild zusammen gestellt wurden.

Fest zu stellen ist, dass die Stücke arrangiert wurden. Ein zufälliges Gestaltungsprinzip oder eine überlegte aneinander reihende Idee von der Vermittelbarkeit der Zeichenkunst: Denn der Künstler wird daran interessiert sein, sich dem Betrachter zu ergehen; - nicht mitzuteilen (- das soll die Kunst selbst?) 

Also: Das "worüber bin ich"/"was soll ich bedeuten" betrifft sämtliche Arbeiten in der vorliegenden Serie/Szenerie, theatralischen Figuration, die an die Pawlatschenstheaterbilder, die Moritatenbilder des fahrenden Volkes erinnert; sämtliche Stücke behandeln in Wirklichkeit den Kopf, bzw. das Gesicht als eine Sicherung der Gesichtsgeologie, der Geschichte, der Erzählung mit dem Beginn auch: Es war einmal ein Stimmenzieher, - so wird angelegentlich die Reihe zu einer Bildgeografie generiert.

Der Kopf als der Sitz des Denkens über die Zeichnung und nicht die Zeichnung als Aktengang über die Zeichnung verstehen, und so verstehen, dass die Zeichnung der Kopfgegenstand ist und also der Kopf grundsätzlich ein Anliegen der Zeichnung ist und sein kann (soll?).

Dass dann der Kopf auch eine Zeichnung über die Zeichnung ist, macht den Kopf als Zeichnung über die Zeichnung aus. Die Zeichnung entzieht sich ein weiteres Mal dem Verständnis, dem Anliegen, von was auch immer. Und wieder ist es eine Unterstellung, würde das Bild interpretiert werden. 

Aber:
Es ist das Gesicht, das sich im Blick auf sich als Gedächtnisstück selbst sieht (- und auch bezieht) und das Sehen auf sich selbst schließlich der Anlass, ja eigentlich die Ursache ist. [5]

Das Bild wird daher zu Diesem und Jenem. Das Gesicht hat als kulturelles Gedächtnis in das Denken und daher in die Kunst Eingang gefunden. 

Die Zeichnungen durch diese zyklisch zu sehende Vorgangsweise des "Hinschauens" einen Stellenwert bekommen kann, und als Geste, als Gesichtsstück der "Histoire" auf die weiße Wand gemalt wird. [6]

So einfach kann das Gesicht nicht gestaltet werden, dass es nicht in jedem Fall den Betrachter betört. Die wenigen Striche, die Überlappungen, die kreisenden Bewegungen, die Schrittfiguren der Arme, die Funktionssicht der Arme, der Bewegung es ganzen Körpers auf die Fläche zu: Vorerst nur ein funktionales Gehaben, tatsächlich aber die schöpferische unbewusste, nicht steuerbare und nur beteuerbare (eine Sache beteuern) Geste des Begehrens. 

Daher: Der Betrachter auf die Fläche wie auf eine Wand schaut.

Und die Wand ist immer noch das überschwängliche (symbolische) Problem des Zugangs zur Zeichnung und letztlich auch zur Malerei, obwohl letztere die End-Station vor dem Ende der vereinbarten Kunst ist.

Das Motiv der Gesichtsgeologie findet sich durchaus/und gesamt betrachtet, als ein durchgehendes Motiv und eine bedenkbare Möglichkeit, sich verschiedenen Bildinhalten zu nähern, um ihnen auch einen individuellen Status "anzukleiden" (nicht: anzukreiden, im Strich in der Linie), ohne etwas dabei zu verpassen (wenn der Status angepasst wurde). Denn die Zeichnung darf sich nur in dem Ausmaß gegenüber dem Thema verkürzen, als sie sich gegenüber allem abhandelt (- für sich also eine Abhandlung darüber ist, um über das Fernbleiben dem Anderen einen Sinnzwang zu ersparen). Denn das gemalte, das gezeichnete Bildnis kann nur durch sich selbst etwas in "Erkenntnis" bringen. Das Gesicht ist dann mehr als nur das Gesicht. Das Gesicht ist nicht der Kopf, sondern ist die Erkenntnis in einer Sicht auf die Welt und zurück. Der Kopf ist die Weltkugel, ist in den Händen der griechischen Götter getragen als Trophäe der Machtübernahme.

Der "mumische Erkenntnisträger" als Bildzitat ist der Hinweis um der zeichnerischen Ironie einen akzentuierten Stellenwert zu geben und wird Anlass der Betrachtung: Welcher Betrachtung?, der Betrachtung, der Beobachtung des Bildteils, der Bildzeile?

Die Kritzelzeichnungen der Kinder sind die jungen Menschen selbst und gleichzeitig orientieren sie sich an sich selbst, verbergen sich vor den Augen der "Erwachsenen" und geben ihnen Rätsel in die Hand, eine Hand die geschlossen ist und gleichzeitig sogar eine Faust bildet. Zudem sprechen die Zeichnungen der "jungen Menschen" wie die der Künstler sich selbst ins Gewissen. Die Zeichnung "mumischer Erkenntnisträger" ist eine Zeichnung für sich und in sich gekehrt; ist grafisch in sich spannungsgeladen und zwischen zwei Linien betört sich eine Figur. Ist das eine echte Kindzeichnung, gelang eine Rückwärtsrolle?

Auch der Künstler als Erwachsener, oder umgekehrt, der erwachsen gewordene Künstler ist in Wirklichkeit nicht mehr in der Lage, den Spuren der eigenen "Kindlichkeit" zu folgen, sich im Spiegel als Gesicht zu (ver)orten.

Er verheddert sich im eigenen unwegsamen Gestammel. (Das Gestammel ist aus der Sicht der gesellschaftlichen Vereinbarungen und unvereinbarten Vereinnahmung, mit einem Tabu belegt). Auch wenn Angebote bestehen, diesen verlorenen Spuren wiederholt zu folgen, fehlt das "unvoreingenommene Ritual" des Kindlichen, um auch wirklich in die erzwungen vergessene Gedächtniskultur zurück zu finden.

Die Tätigkeiten, die Beschäftigungen mit dem Kindlichen können bedeuten, dass der Künstler sich selbst in ein denkbares Verfahren des "Rekretierens", der Selbstbeschwichtigung, sich also in das für die Erwachsenen perfide Stadium des kleinen Menschen zurückzieht um zu Stammeln, um das zu lernen, was entwicklungsbedingt in den gesellschaftlichen Abläufen übersprungen und niedergetreten wurde.

Was aber in der Kunst überspringen, mit einer Linie, einer erschöpften und ernüchterten Idee, um auf ein Blatt Papier so etwas wie den "Tod" zu setzen. Denn sehr ungewiss, - was in sich das "Ge-Wissen" kolportieren würde - ist die Linie, die plötzlich endet. Darüber ist zu sagen, dass sie endet, weil es keine unendliche Linie gibt, sondern nur die unendliche Ausweglosigkeit.

Wie sehr der Künstler versucht ist, auf diesem Weg des (Un)(ge)Wissen(s) zurück zu kehren, wie sehr er auch bemüht ist, die Figurationen im Beisein der Erinnerung dingfest zu machen, könnte in der nebenstehenden Zeichnung nachvollzogen werden, wenn (er) nicht genauso lügen wollte, als das Lügen ist: Jetzt. Und das "Lügen" in seiner singulären Worterscheinung vertretbar ist. Nicht, dass Peter Assmann in einer Art akribischer Artistik den verlorenen Weg zurückgeht. Vielmehr entgeht er in immer neuer Figurationsauslegung dem Gesicht die Charakteristik zu verkehren (zu entgegnen), um so zu diesem oder Jenem zu kommen. Das ist nicht der oder das, was im Bild als Porträt erscheint.

Daher das als Vogel in Erscheinung tretende Gesicht in seiner Einfältigkeit noch einmal verdoppelt wird. Und abermals ein Rekurs auf Alfred Kubin notwendig sein könnte, um die Treulosigkeit des Künstlers an sich selbst zu demonstrieren. 

In welchem Ausmaß Alfred Kubin für Peter Assmanns Zeichenkunst wichtig wird, kann nur demonstrativ formuliert werden (eine Andeutung, ein Verweis, ein Nachdenken), als dieser oberösterreichische Zeichner eine suggestive Ausstrahlung "angeknipst hat", bzw. in seinen Darstellungen ausführte und in eine Zeit hineinarbeitete, die mit ihren Bildern des maschinellen Tötens, einen Hoffnungsaspekt nicht in die Realität (so als gäbe es nur "eine" Realität), sondern in Visionen ausgesetzt hat; wenngleich diese Visionen aus aktueller Sicht wiederum nur Visionen des Entsetzens geworden sind[7].

Vielleicht ist gerade dadurch eine Vision ermöglicht, die sich in das Surreale ergeht und gleichermaßen in einer Überladung in sogenannte "phantastische Realismen" entlud.

Kubin als die "heilige Instanz" und das daraus folgende Erzählmotiv (will man ihn auch "schreibend/schwebend erreichen"), ist für fast alle oberösterreichischen Künstler als unheilig vorauszusetzen, sonst würden sich nicht mache ungemäß an den Ordnungen des Phantasmas beteiligen wollen. Im "Phantasma" versteckt sich eine Sehnsucht nach hybriden Aufregungen der Zeit, was sich in der Kunst von Alfred Kubin als vereinbarter Zeitgeist formuliert hat und darin erfüllt wurde. Alfred Kubin ist kein Zeichner der inneren Verkehrungen, sondern ein Zeichner der Verkehrung der Zeit in der er stand.[8] Bereits in der Kindheitslektüre auch für Peter Assmann zugängig gewesen, hat der im landesweiten Umfeld exponierte Alfred Kubin seine Stimme entgegen dem Kunsttrend stumm erhoben und mit der Illustration die Erzählung wie eine Fahne zu bewegen versucht, um auch in der "Anderen Seite" der Welt (dieser seiner wohl kleinen) eine Geschichte aufzusetzen, die dann schließlich im Trümmerhaufen verstummen musste.

Es ist dies der Versuch wahrscheinlich, die Zeit zu bezeugen, den Faschismus, mit seinen "dunkeltriebigen" Verlockungen zu karikieren, zu illustrieren letztlich auch, und das ist das Schwierige an diesem Werk, es als Gesichtsgeologie zu verankern. Aber alles das ist auch bei Kubin in mehrdeutiger Hinsicht zu sehen, wobei sich die Künstler grundsätzlich gegen die Trends auch des Politischen zu stellen versuchen. Kubin in seiner Kunst allerdings nicht jenen hinreißenden Schwung weiter vollzog, um sich tatsächlich zu deklarieren.

Er blieb in seiner politischen Kritik ein Karikaturist der Erzählung in den Jahrzehnten des Faschismus und des darüber Erliegens; Kubins Anteilnahme zeigte sich später nicht in den Zeichnungen, sie konnten seine Beteuerungen aus der Zeit der Jahrhundertwende bei weitem nicht erreichen.

Und dieses letzte Schaffen Kubins hat auch nicht wirklich einen Künstler in Oberösterreich (- und inhaltlichen Umfeld) nachhaltig beeinflussen (beinträchtigen) können. Und es war wohl ein Trend in der gesamten Kunst, sich auch nach 1945 nicht eitel zu exponieren (in die Pose zu finden). Vor allem war es sich eitel zu bewegen, um das Terrain der Kunst zu glätten. Daher entstammen aus dieser Periode der gesamten Kunstentwicklung in Österreich keine Anhaltspunkte für die "Nachgeborenen"; sei’s angelegentlich, dass ästhetischen Welten zu Widersprechen war; Entwicklungen bis hin zur Aktionskunst und in der Literatur die sich suggestiv im Sinn einer "konkreten poesie" und des "Cut up" darstellte, die versuchte, sich eine ungeschickte Vergangenheitsbewältigung zu "erschreiben". Wenn es darum ging, die Erzählung in der Zeichnung zu finden (sie zu erfinden), wurde dies nicht von den gehandelten mitteleuropäischen Künstlern in Betracht gezogen.

Im Suchen nach den archäologischen Verweisen in der vorliegende Zeichnung von Peter Assmann also nur gelegentlich Alfred Kubins Gestus entdeckt werden kann, aber dieser Künstler als "Matrone" (die Kunst ist nicht der Pate) dennoch gegenwärtig bleibt, trotz aller Widerwärtigkeit. Die Zeichnungen von Peter Assmann also keine Karikatur sein soll, sein kann, die Karikatur ist ein Umweg zur Sache wie sie sich darstellt und nur die Fassade, also ein Anhängsel des Scheins und nicht dessen Inhalt ist; auch wenn von den Karikaturisten vorgegeben wird, dass sie sich durch die Oberfläche in die Innenwelt des Charakteristischen (ein)schneiden.

Somit entsteht die Erinnerung und der meist unrechtmäßige Vergleich zu Zeichnungen der Höhlenmalerei, wenn der Karikaturist in die Reihe der Zeichenkünstler gestellt wird. 

Die Höhlenmalerei ist Peter Assmann vorerst als kulturhistorische Überlegung für seine künstlerische Arbeit zu unterstellen. Zeichnungen die er von Lascaux her kennt und letztlich auch rezipiert hat, scheinen im Ausschnitt gelegentlich als Idee geöffnet zu werden.[9] Einmal mehr sind es die Tränen (des Bataille), aber doch die karikierten und also "getrockneten" Figuren als Kinderspielzeug, als Handzeigetafel. Der tote Krieger (mit erhobenem Geschlechtsteil) ist aufgestanden, scheint als Erinnerungsteil im Bild zu figurieren, ist als "Zinnsoldat" der inneren Geschichte des Denkens verfügbar und wird in den Griff genommen (Griff-Stärke). So steht die Zeichnung am Ende der Serie von "so genannten Karikaturen", die so ausgesprochen werden, weil sie sich wie Karikaturen gebärden, auch wenn sie keine sind, sondern die Zeichnungen so legitimieren, wie die Zeichnung von ihrer Art her ist.

Die vorletzte Zeichnung und das dabei im über diese Arbeit wie beiläufige hinweg schauen und feststellen, dass in der Geste der Unruhe vielleicht ein Aufblicken der Unbeholfenheit, der Schüchternheit vorhanden (vordergründig) ist. Warum dann plötzlich auf die Bildwelt von Maria Lassnig kommen? Und das, dennoch (trotzdem) auch der unter "feminin" (um nicht zu sagen weiblich) beschreibenden Arbeiten dieser Künstlerin. Maria Lassnig, die sich als eine Malerin versteht (und so darstellen muss) und ihre Arbeiten daher Malereien und keine Zeichnungen sind (in die Gelegenheit hingesagt: Sie, die in Wirklichkeit mit maskulinem Anspruch auf das Kunstsein die Farbwahl zum Pastellfarbenen hin zurücknimmt und so die stille Dramatik des Weiblichen in das Sichtfeld einer Fläche rückt), wird die Annäherung zur Physiognomie des Gesichtbiografischen, der Kopfarchäologie, letztlich doch zwingend. Hier könnte weiter fabuliert werden, in der Sprache, im Sein. Vielleicht auch, dass sich die Schreiblust zu neuen Höhenflügen hinreißen ließe. Kleine Eskapaden auch; und was bedeuten die Eskapaden und die Hinrichtung von vorgegebenen beengten Eigenheiten.

Daher auf die Physiognomie der Maria Lassnig kommen, die ihrerseits tatsächlich von ihren Adepten stranguliert[10] wird, - so wie sie selbst sich in den Malereien betrachtend karikiert und stört.

Auch zum phantastischen Realisten Rudolf Hausner und dessen manischer Selbstdarstellung in seinen Bildern wird im ersten Moment durch die Perspektive der Darstellung, also durch die formalen Bedingungen ein Vergleich mit der Zeichnung Assmanns erkennbar sein wollen, wenn der Wunsch besteht im Sinn einer heiteren Wissenschaftlichkeit sich selbst ins Handwerkszeug zu gehen. Und immer wieder die Sicht des Betrachters, die Arbeit des Solisten, an der Partitur des Künstlers haben, nicht mehr los lassen können; immer wieder. Der Betrachter, der gelegentlich zum Künstlerschüler wird und im Kopieren der Strukturen Vorstellungen nachzuvollziehen sucht. Die Nähe, die dazu erreicht werden soll, soll sich im Verstehen versteinern(?). 

Warum also, dass dem Peter Assmann selbst manche Erlebnisbilder nachhaltig (wohl/allerdings unbewusst?) zusetzen. 

Ist es Unmöglich sich in der Kunst von der Kunst anderer Künstler zu distanzieren (sie zu verdrängen), weil den Künstlerinnen und Künstlern zu unterstellen ist, dass sie sich im Zeitgeist verdeutlichen? Die eigene Bewusstheit frei zu steuern wird auf Grund des Sozialisationsprozesses unmöglich; auch Künstler entfliehen nicht ihren entwickelten Engen, demgegenüber sie bei anderen Halt suchen und diese zu überflügeln trachten. Unmöglich auch sich die Idee des Ikarus einzugestehen ohne zu stürzen. 

Und alles ist die Vereinbarung von was auch immer. 

Den Zeichnungen sind Flügel angefügt, die das unlegitime Maß der Tollheit und des Wahns offerieren und gegen die Regelhaftigkeit der Bildgestaltung vorstoßen/verstoßen, so als ob (denn die Filosofie des "Als ob") die Körnung, also die Unvernunft, die Zeichnung bestätigen könnte. Warum bei dieser Zeichnung von Peter Assmann wieder im Ausschnitt die Gründe der Zeichnung, des künstlerischen Anlasses gegeben sind.

Sind die Arbeiten von Peter Assmann insgesamt Mitteilungen, sind wie aus seinem geheimen Tagebuch herausgeschriebene Fragmente, Kürzel, Zeichenteile (wie Leichenteile), oder vielmehr herausgeschnittene "Stichtage" und daher noch einmal durch den Mikrokosmos des "Schreibanlasses" verkörperte und verstärkte Versatzstücke der Bildinschrift.

Es macht den Schriftzug des Künstlers aus, dass er nicht nur die Andeutung an andere Künstler sucht, sondern, unabhängig einer eigenen Handschrift sich an andere Künstlerinnen anlehnt und vorbeibewegt. [11] 

Dies ist grundsätzlich nicht von ungefähr. Die Beeinflussung einerseits, andererseits die Kopie, das Weiterarbeiten am vorgegebenen Material: Wenngleich dies gerade bei der Musik nicht ungewohnt, Tradition hat, demgegenüber in der Bildnerischen Kunst ebenfalls kunsthistorisch abzusichern ist. Allein die "Zeichnung", in ihrer offenbaren Lüge, im Strich, dieses Kopiere, dieses sich "Hinlehnen" nicht zulässt, weil sie doch unmittelbar als Handschrift differenziert wird und eine Vorstufe der vereinbarten künstlerischen Arbeit ist.

Daher ist der Bildteil der Gesichtsgeografie, ebenso wie die erste Zeichnung des vermeintlichen Klarinettenspielers von einem Rückgrat - als Bildstück. Das alles soll die Fläche herhalten.

Die Reduktion, das auf das Wichtigste reduzierte Bild soll die Notwendigkeit wohl auch mit veranschaulichen. Es ist die Gelassenheit, die Rückschau zu demonstrieren. 

Noch ein Bildstück weiter zurückgegangen wird der Blick weniger am Bildteil insgesamt, als am Wort "KÜSSEN" hängen geblieben sein.

(Jugendliches Begehren, kleine Lustbarkeitsstücke, endlose Weinkrämpfe zudem, Identitätskrisen und larmoyantes Singen gegen den Himmel.) 

Das Wort ist naturgemäß seiner vereinbarten Bedeutung verführerisch, signalisiert auch im Zusammenhang etwas kokettes, ist kokett, ist eine Spielerei mit allem was damit zusammen hängt und was damit zusammen zu bringen ist, wird durch dieses Wort in Beziehung zu bringen sein. 

Dieses daher hängen bleiben in der Zeichnung, dieses sich auch an etwas stoßen und abstoßen: Sich von einem Kunstwerk verstoßen fühlen, damit der Betrachter zum verlorenen Kind des Geschehens wird, sind sie, der Künstler, aber genauso der Beobachter, der Betrachter nicht gewillt die Vereinbarungen, die durch/mittels der Kunst getroffen wurden, zu akzeptieren. [12] 

Die Schreibweise/das bildnerische Schreiben von Peter Assmann fordert/erfordert den Betrachter und wird ihn gelegentlich auf das Kindsein zurückwerfen; das verwirrt dann doch, obwohl ihm an anderer Stelle dieser Regress abgesprochen wird/wurde. Der Solist, in Unkenntnis der Schreibweise, der Notation, sich aber seines Instruments sicher sein muss und es zu beherrschen hat, wie er alles zu beherrschen hat, soll er es besitzen oder zumindest in Angriff nehmen wollen; aus jeder Stellung und jeder Position heraus, um "seiende" Strategien zu entwickeln die zum Kunstwerk führen, oder ihm zuwider laufen.

In den oberen Bildteil, äußerst sparsam, aber nicht weniger eindringlich letztlich, nichts anderes als ein Zweig, eine Einritzung in die Fläche zu sehen ist. 

Allein schon das Wort Küssen ein relatives Spektrum an verwegenen Verweisen zulässt und daher nicht vor Abgründen zurückschreckt. Das Spannungsfeld/die Brücke zwischen den Kontrahenten, "ich das Bild, du das Nicht-Bild" zwischen dem Wort und dem Zweig? (- ist es überhaupt ein Zweig, oder vielmehr ein Lippenspalt, ein Ausrufungszeichen, wodurch vergleichbare Gesten in den übrigen Bildstücken nicht zu entdecken sind.)

In Gegenüberstellung zu den übrigen Zeichnungen, den Darstellungen von kleinen Geschichten, die Fragmente sind, nimmt sich dieser Teil sehr stark zurück. 

Der Verweis ist fast versteckt und will offenkundig nicht aufdringlich sein. Nur "küssen", - und schon ist dieses Fragmentstück ein Bildanlass, der das komplexe Prozedere, - sollte das Wort als Bildinhalt gelten wollen -, in Gang setzt und nicht auf das verweist, was es sein will.

Denn es will nicht geküsst werden. Es spricht nichts dafür, dass sich eine Bildfläche geliebt fühlen muss. Allerdings will eine Bildfläche umschwärmt werden, denn die Bildfläche zeigt etwas, das auf sich aufmerksam macht: Nicht geliebt, - nicht umgangen, sondern umschwärmt; als ein Schwärmen in von Blicken gehüllt, die es auf sich zieht. Schwärmen im Sinn davon, dass es von vielen (allen) Blicken getroffen wird; - wenngleich gelegentlich auch zu Tode getroffen und also zerstört. Der Künstler seinerseits will geliebt sein, das Ergebnisbild aber ist atemlos, ist, wenn alles gut gegangen ist, sogar zeitlos, will also die Zuneigung (in jeder Weise) ständig um sich sehen. 

Zeitlosigkeit ist ein Begriff der nicht vom Künstler definiert wird, sondern von den Zufälligkeiten und Zusammenhängen, durch die eine jede Arbeit (auch nicht künstlerische) rezipiert wird. 

So wird das Küssen zu einer vielleicht flüchtigen Geste der Abneigung und die daraus entstandene Spannung ist ein unerfülltes Begehren. 

Die auf der Zeichenfläche notierten "intimen Genüsse" können genauso einem unerfüllten Begehren entsprungen sein und sind wie das in sich gekehrte und nicht veröffentlichte Begehren.

So auch die Hauptlinie in der Darstellung in sich geschlossen wurde und einen fiktiven Raum, eine flächige Geschlossenheit bildet: Und damit wieder auf die flächigen Darstellungsweisen bei Peter Assmann zurückkommen, um nicht zu sagen, dass der Betrachter darauf zurück geworfen wird. Der Betrachter bleibt ein Beobachter, ein "Voyeur".Immer wieder und in einer fast manischen Unerbittlichkeit diese Zeichenflächen bezeichnete Flächen bleiben und sich nicht "erstrecken" können. (Denn -) die Perspektive ist eine künstliche, eine vereinbarte Form zur Imitation von Natur und verweist auf das Bestreben, die Natur zu verlassen um sie neu zu fixieren. Aber das ist es nicht, was Peter Assmann will, - diese Perspektive, wie sie bei Andrea Mantegna und also gleich am Anfang der Kunst, um der Gesellschaft das Bild von sich zu zeichnen, zum Höhepunkt der Technik geführt wurde. Ein seltsames Unding, diese abendländische Konstruktionsweise, die nirgendwo sonst in den Kulturen eine so dramatische Spielrichtung eingeschlagen und Verpflichtung eingenommen hat und bei Assmann (um ihm dies zu unterstellen) offenbar ständig durchbrochen und offensichtlich regelrecht übergangen wird. Es ist so, als könnte es in der Kunst nichts anderes geben, als die Verstörung mit der Erhörung.

Oder Peter Assmann muss die perspektivischen Sichtweisen insgesamt verlassen um, wie in dieser Zeichnung, im Intimen zu bleiben um nicht zu sterben. Denn mit einem jeden Bild, das ein "Künstler" gestaltet, "verstirbt" die Idee. Ein weiteres Mal, immer ein weiteres Mal hinterlässt eine "Mal-bildung" ein Zeichen im Kopf, ein Amulett. Warum nicht gleichzeitig auch an eine Narrenkappe[13] denken, unter der sich der Künstler schützend vor der Offensichtlichkeit, vor dem Herausbrechen aus sich, verbirgt. Ein den Künstlern inhärent eigentümlicher intimer Genuss, der fast in das Masochistische führt und zu einer psychologisierenden Dimension und also sadistischen Art der Äußerung wird. Nun, was ist schon das Sadistische in der Kunst, wie sie im übrigen gerade auch in einem nochmaligen Rekurs bei Alfred Kubin zu sehen ist. (Vielleicht erst zu entdecken ist, - und das nicht aus psychologisierender Sicht, sondern in der Getriebenheit, um der Gesellschaft gerecht zu werden.

Das könnte sich als ein Fall Alfred Kubin herausgearbeitet finden. Die Kubinforschung, so spezifisch sie sich für die Region herauskristallisieren wollte, könnte sie beispielhaft für das künstlerische Arbeiten im besonderen herangezogen werden und gleichzeitig die gesellschaftliche Position verorten; neu organisieren und einem anderen kulturellen Verständnis zufügen. (Schmerzfügung, eine Fügung in der Zeichnung.); eine Art differenzierbare Leistung der Kunst am Werk. 

Daher kann dieser Zeichner durchaus in die "Vergleichsstimmung" zur Zeichenschrift/Sprachschrift von Peter Assmann gedrängt werden, geht es doch um die Zeichnung als eine Geste, eine Gebärde, die wenn sie sprachlich unterlegt, oder überlagert wird, den Sinn eines künstlerischen Tuns als ein Geheimnis erweitert.

Schwamm, Punkt, Greifer

Somit wird eine jede Zeichnung als Intimität zu sehen sein, die ein Genuss ist, gleichzeitig aber auch verabscheuungswürdig zu sein hat, gleichermaßen alles schön und schrecklich dargestellt, also das Erhabene ist; wonach sich die Kunst unvereinbart richtet. Oder ist das genauso ein Aspekt dessen, dass auch die Intuition vereinbart ist, vereinbart wird und bestimmten, vor allem angelernten Strategien im Leitverkehr der Gesellschaft entspricht. Vereinbarung und jetzt Leitverkehr-strategie. 

Die Konsistenz eines Schwamms kann dann unterschiedlich sein, wenn er durch den Benutzer sozial definiert wird. Das hat mit der Körperpflege dann zu tun, wenn der Schwamm ein Gegenstand und kein intellektuelles Instrument des Begehrens, oder des Behagens ist. Der Schwamm ist ein Schwamm und nicht greifbar. Dem Schwamm kann der Hals verkehrt werden.. 
Was das Behagen betrifft, scheinen sich die Wortwurzeln ins Uferlose zu verlieren/-wirren. Aus dem Schwamm können unterschiedlichste Flüssigkeiten und Vorstellungen ausgewrungen werden. Demgegenüber er eine entsprechend hohe Aufnahmefähigkeit hat. So tropfen die Gedanken aus dem Haupt in den Schwamm und alles das Überflüssige wird wieder ausgewrungen. Ein seltsames Spiel auch. 

Der Schwamm hat etwas Geheimnisvolles in sich /an sich wahrscheinlich. Vor allem ist es die Gleichzeitigkeit des Innen und Außen, die Gleichzeitigkeit des Geheimnisses was drinnen ist und nach "Draußen" gelangt.

Wie kommt der Künstler auf das Wort Punkt? Die Wortbedeutung "Allerweltsinhaltlichkeit" auf keine Richtung verweist, auch nicht auf Schwamm, oder auf das darunter stehende Wort Greifer. Das Wort Punkt als ein Zeichen in doppelter Hinsicht verstanden wird, der Punkt aber eigentlich immer nur in einer Kombination einen Verweis erheischt.

Ohne Punkt in der Welt nichts möglich ist, aber gleichzeitig der Punkt das Ende ist. Wieder dieses Ende, dieses Enddenken vom Beobachter, vom Bildbetrachter anvisiert ist, irgendwie eine Flucht in die Freiheit, in die Unendlichkeit und in die Endlichkeit gleichzeitig: Das ist der Punkt.

Wie kann von diesem, auf den Punkt kommen /müssen:können, abgegangen werden. Und schließlich sind auch Punkte auf dem Blatt Papier, auf der Reproduktion zu sehen, dessen Inhaltlichkeit tatsächlich nicht auf einen Punkt, auf einen "Anhalts-Punkt" zu bringen ist.

Auf der Fläche können zwei Hände, oder Handteile/Prothesen von Händen, wahrgenommen werden[14], - (wahr-nehmen / als solches, als sollte das Bild, die Bilder, die Aneinanderreihungen von Ideenanfällen doch Wahrheit sein?- eine hysterische Wahrheit). Nicht, dass nun ein Punkt ausschlaggebend für die Zeichnung sein müsste, sei es, dass die Punkte auf dem Blatt Papier eine grafische Inhaltlichkeit suggerieren. Überhaupt dass das Wort"suggerieren" in der Bildbetrachtung einen vielfach unausgesprochenen Besinnungswandel hervorrufen kann.

Dem Bildbetrachter, der als der Schuldige am Bildinhalt bestrafte, wird etwas aufgedrängt, durch das Bild, durch seine Sozialisation, durch bestimmte vereinbarte Formeln, durch das was er als "gegeben" hinnehmen muss. Und das scheint in der Interpretation von Bildwerken eine nicht zu unterschätzende Problematik aufzumachen.

Es ist nicht der Bildbetrachter, der von sich aus etwas in das Bild hinein sieht, sondern es ist die Suggestion des Bildes, das in ihm das Sprechen beschwört. 

Das sind die Beschwörungsformeln, die Mittel des Künstlers, in einer gewissen Weise sich zu verständigen, um dem Bild die Stimme zu geben um aber gleichzeitig das Bild zum Lügen zu bringen. Und so ist das Bild nicht, die Zeichnung nicht. So ist nicht der Ansatz zur Malerei. 
Die Suggestion, weitgehend in den Bereich der zwischensprachlichen Autoritäten abgedrängt, erlangt eine entgegen gesetzte Bedeutung dann, wenn es nicht vereinbart verwendet wird. Denn das Bild suggeriert etwas, da es aber nicht spricht, sondern lügt, kann es keine Wirkung haben ohne den Betrachter, ohne den Solisten, der dem Bild zur Stimme zu verhelfen scheint. (Denn wie das Scheinen zum Erscheinen des Bildes wird und das Erscheinen des Inhalts zum Erfolg hat.) 

Durch seine suggestive Wirkung jedoch, wodurch der Bildbetrachter zum Sprechen gebracht wird, kann es in Stellvertretung Auskunft von sich geben. 

Suggestion könnte sein, dass der Bildbetrachter zum Medium des Bildes wird. Aus diesem Grund haben sich die Kunstvermittler ihre missionarische Penetranz legitimiert, - als das Beleuchtete. 

Dennoch käme dem Wort "Suggestion" dann eine Bedeutung zu (bei), wenn der Bildbetrachter, stellvertretend und wissentlich gesellschaftlicher Vereinbarungsformeln versucht ein Bild so zu erläutern, dass es seiner Suggestion gerecht wird und also die Wirkung durch den Interpreten voraussagt.

Was aber, wenn das Bild für einen Teil der Bildbetrachter suggestiv wird, für einen anderen aber wenig bis gar nichts bedeuten wird können?

Dann suggeriert es "Nebensächlichkeiten", eben jene Lügenkonzentrationen, wodurch das Bild, das Kunstwerk nicht ist, was es nicht sein kann. Das "Nichtkönnen" (- oder das vielmehr, nicht akzeptieren können), eine Idee des Betrachters, des vermeintlichen Interpreten ist.

Den Künstler als solchen scheint nie die Schuld zu treffen, außer jene, etwas gemacht zu haben, was dem Sinn des Bildes entspricht.

Das Bild, die Zeichnung zu sich spricht. 

So tropft die Kunst und die Kunst ist ein Tropf jetzt und nicht eine Matrone. 

Oder sie ist eine Matrone und tropft, portioniert, teilweise, teilweise. 

Und das scheint die Dialektik des Begehrens an der Kunst und an der Zeichnung zu sein, - wozu sich die Arbeit von Peter Assmann stellt, - querstellt und Alles. 

 

[1] "Die einfachste Antwort auf die Frage, was ein Bild sei, lautet: Ein Bild ist ein Zeichen. Was ist trivialer als die Feststellung, dass ein Bild etwas abbildet, also nicht die Sache selbst ist, sondern auf sie verweist. Ein Bild macht etwas präsent, das selbst nicht da ist, es verweist also auf etwas anderes und hat in solcher Verweisung sein eigentliches Sein." Gernot Böhme: "Theorie des Bildes", Fink Verlag 1999.
Und dieser Ansatz wird in der Bildwelt der Künstler in Wirklichkeit natürlich immer wieder durchbrochen durch das Verständnis das man dem Bild als solchem entgegen bringt. So ist ein Bild ein Bild und nicht mehr, bis zu dem Augenblick als ein Bild mehr als ein Bild ist. Denn das Bild wird immer auch und das ist die Idee des Diskurses auf "es" verweisen. Auf das, was es für den Betrachter vertritt. Das Bild dann stellvertretend die Stellvertreterrolle übernimmt.
Wie auch immer kommt es jedoch auf das Sehen an: 
"Die ganze technische Seite der Malerei hängt davon ab, ob es uns gelingt, das wiederzuerlangen, was ich die Unschuld des Auges nennen möchte. Damit meine ich eine Art von kindlicher Wahrnehmung dieser flachen Farbflecken so, wie sie sind, ohne jedes Bewusstsein dessen, was sie bedeuten – wie ein Blinder sehen würde, wenn er plötzlich das Augenlicht erhielte." (Aus dem Artikel Arbeit am Mythos, in Süddeutsche Zeitung 19.01.04 , ein Fußnoten-Zitat aus der Arbeit "The Elements of Drawing" von John Ruskin 1856.) Gleichzeitig wird aber in diesem Artikel auch auf Wolfgang Ullrichs, Aufschlüsselung des Ruskin’schen unschuldigen Auges verwiesen, der gleichzeitig unterschiedliche Visionen der Reinheitsvorstellung in der Anwendung des Begriffs ortet.
Somit soll in der vorliegenden literarisierenden Darstellung des Bild-Eindenkens von Spekulationen abgegangen werden, die dem unschuldigen Auge seine kreative Entdeckungsweise abspricht. 

[2] Tappen: Im Bild als Betrchter herumtappen; das Bild sprichwörtlich angegriffen wird, wie das Angreifen über eine fremde Zone hinaus, aber andererseits es auch als tappend begreifen wollen, was das Bild ist von sich. 

[3] Denn es ist immer "ein" Betrachter, also dieser "eine" Betrachter, der auf das Bild zukommt und es auffrisst. Es mit den Augen auffrisst oder mit den Lippen. Es ist gleichgültig mit welchen Mitteln er das macht, der "eine" Betrachter vernichtet das Bild.

[4] Julia Kristeva, - nach Sigrid Schaden im Katalog: Kubin/Phantasma und Phantome: "Mit "Abject" bezeichnet Kristeva Gegenstände, denen Züge einer noch nicht vollständigen Abspaltung anhaften, und die deshalb Schrecken und Ekel auslösen." 1995, Linz.
Andererseits aber auch die Märchen in ihrer bildlichen Struktur mit den Abject arbeiten, jedoch nicht den Schrecken als das von Kristeva angesprochene Abject auslösen. 


[5] Die Ursache: Die Ursache ist die Kunst, die Ursache ist der schöpferische Gang, die Ursache ist das was am Beginn steht aber immer schon vorhanden ist. Die Figuren in der Höhle von Lascaux ist die Ursache des Dissens dieser Welt. Denn der Dissens macht die Perspektive auf die Welt aus. 

[6] Die Zeichnung kann aber nicht die Malerei sein, weil sie nicht ausführt, as im Kopf fertig ist. 

[7] Die Maschinerie der Judenfrage als eine der entsetzlichsten Schurkentaten sehen. Die Shoa, von Claude Lanzmann, sie ist eine der dringlichsten Nachfragen.

[8] Es wäre jetzt notwendig zu behaupten, und dabei ein Bild zu zerstören, das den Künstler Alfred Kubin in die Fantasie außerhalb der Gesellschaft stellt, was nicht stimmt, denn er hat selbst, in seinem Roman von der anderen Seite als genauso vereinbarte Welt gesprochen. Als einer Welt, in der er selbst gefangen gesessen hat und ihr entfliehen wollte, - der Ideen wegen, der Kunst wegen, wegen des Gefängnisses in dem er eingesessen hat. An anderer Stelle es aber angezeigt ist, über diesen Künstler zu reden und um alles das zu erreden, von dem er zwar glaubte das es ist, das es aber nicht war aus der heutigen Sicht. Das Kubinschlössl in Wernstein bleibt eine Überdachung und Verschlossenheit letztlich, - über die sich das seltsam kreatürliche in der Sonberarkeit versteckt. 

[9] Zu erinnern ist dazu die in der Höhle von Lascaux zu verweisende Zeichnung einer Figur, neben der offentlich ein Speer liegt. Ein wohl allzu offensichtlicher Vergleich als er nicht doch letztlich einer Zufälligkeit aufsitzt/aufgesetzt wird. (Siehe auch bei Bataille die Beschreibungen zur Höhle von Lascaux). 

[10] Maria Lassnig, Lehrende, die ihren Studentinnen und Studenten wohlauch kraft ihrer künstlerischen Wichtigkeit, die persönliche Handschrift mitgibt. 
In diesem Sinn wird sie stranguliert, wird ihre Handschrift als Zeichnung auf die Originalistät ihres Seins reduziert, gleichzeitig aber auch kopiert. 

[11] Vorbeibewegen: Anlehnen im Vorbeigehen; die Zeichnung schummelt sich durch sich durch, stürzt sich auf ein Vorbild, letitimiert es und schleicht sich wieder dran vorbei.

[12] Das steht immer als Wunsch im Gespräch, wird aber nie gesetzt, weil gegen die Vereinbarung nichts zu haben ist. 

[13] Die Narrenkappe ein Zeichen dafür ist, sich unter etwas zu verbergen, - : Nicht sind es die Narren, die die Narrenkappe tragen, sondern es sind jene, die nicht glauben, dass sie eine Narrenkappe tragen und tatsächlich die Narren sind. Denn ein jeder Narr, glaubt, dass der andere ein Narr ist und nur er selbst nicht. Die Narren einer Gesellschaft jene sind, die nicht der Vereinbarung , der Vereinnahmung einer jeden gesellschaftlichen Situation stand halten und sich nicht nur entziehen, sondern auch deren Sprache, zu ihrem eigenen Glück nicht mächtig, dennoch so etwas sagen, was die Welt ist. 
In diesem Sinn ihre Kappen auch jene Fröhlichkeit vermitteln, in der sie sich befinden, überhöht, glücklich gleichermaßen wie schreiend und sich gegen jede Form von Angriffen schützen. 
Daher lösen diese Fremden auch die seltsame Verstörtheit aus, in der sich die vereinbarten und vereinnahmten Menschen befinden."

[14] Und wieder dieser Verweis auf das "abject" als eine Perspektive, die den Worten genauso zu gleichen scheinen. Allerdings muss gleichzeitig darauf verwiesen werden, dass den "angedeuteten" Unfertigkeiten, diesen Vorstufen von Entwicklungen weniger der Ernst, als die Ironie des hingeworfenen Fragments entspricht.
Das "abject" könnte aber dennoch bei Peter Assmann eine gewisse Bedeutung bekommen, - irgendwann, wenn sich die Figurationen verselbständigen, wer der Versuch sich